Oh Gott, meine Verwirrung am Anfang der Messe

Wenn ich am Sonntag in meiner Gemeinde die Messe besuche, dann gibt es gleich zu Beginn eine Verwirrung. Ich bin verwirrt, weil ich mit allen anderen zum Priester sage: „Und mit deinem Geiste.“ Da denke ich mir, dass ich mich mit dem Geist des Priesters irgendwie verbinde. Erst gestern bemerkte ich, dass das eher eine private Erklärung ist, die mit der kirchlichen Tradition im Widerspruch steht.

Ich sage das „Und mit deinem Geiste“ wie alle anderen als Antwort auf den Satz: „Der Herr sei mit euch.“ Auch da ist mir nicht ganz klar, wer der Herr ist. Meine Professoren des Neuen Testaments haben mir gelehrt, dass „der Herr“ immer Christus ist. Aber seit der neuen Bibelübersetzung 2016 haben die Professoren des Alten Testaments den Namen „Jahwe“ mit „Herr“ übersetzt. Das haben sie getan, um der Bitte des jüdischen Oberrabbiners von Rom zu entsprechen. Juden und Jüdinnen sprechen den Namen „Jahwe“ nicht aus, um nicht unbewusst den Namen zu entehren. So weiß ich bis jetzt nicht, welcher Herr gemeint ist, wenn der Priester „Der Herr sei mit euch“ sagt. Jesus oder Jahwe. OK, ein großer Unterschied ist ohnehin nicht, ist doch in unserem Glauben Jesus ganz Gott und ganz Mensch. Aber welcher Geist ist damit gemeint, wenn ich antworte „Und mit deinem Geiste.“?

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Die Bitte um den Heiligen Geistes in der Eucharistie

Ohne die Bitte um den Heiligen Geist kann in der Kirche und in der Welt wenig Sinnvolles geschehen.

Die Bitte um den Heiligen Geist, die „Epiklese“, geschieht im 2., 3. und 4. Hochgebet. Sie wird vor und nach der Erinnerung an das letzte Abendmahl Jesu gebetet. Diese Erzählung ist keine reine Erinnerung, sondern eine Vergegenwärtigung des Ereignisses, eine „Anamnese“. Die reale Anwesenheit Christi in Brot und Wein geschieht durch den Heiligen Geist, der einerseits die Manifestation der Anwesenheit Gottes darstellt und andererseits die Verbindung zwischen den Gläubigen, Christus und dem Vater herstellt. Er schafft Gemeinschaft und Gegenwart. Ohne Epiklese, der Bitte um den Heiligen Geist und der Anamnese, der vergegenwärtigenden Erinnerung kann man die Eucharistie nicht verstehen, Epiklese. Anamnese.

Das zweite Hochgebet:

Die 1. Epiklese geschieht vor der Anamnese:
Ja, du bist heilig, großer Gott, du bist der Quell aller Heiligkeit. Darum bitten wir dich: Sende deinen Geist auf diese Gaben herab und heilige sie, damit sie uns werden Leib und Blut deines Sohnes, unseres Herrn Jesus Christus.

Die 2. Epiklese geschieht nach der Anamnese:
Darum, gütiger Vater, feiern wir das Gedächtnis des Todes und der Auferstehung deines Sohnes und bringen dir so das Brot des Lebens und den Kelch des Heiles dar. Wir danken dir, dass du uns berufen hast, vor dir zu stehen und dir zu dienen. Wir bitten dich: Schenke uns Anteil an Christi Leib und Blut und lass uns eins werden durch den Heiligen Geist.

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Christliche Gedächtnisfeiern

Die Feier der Eucharistie, in der wir „danksagen“, ist, wie das II. Vatikanum in LG (Lumen Gentium) 11 feststellt, Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens. In der Messfeier (auch Eucharistiefeier genannt) danken wir Gott dafür, dass er alles gut geschaffen hat und alles gut im Dasein hält, dass er sich immer wieder als Retter gezeigt hat und Quelle des Lebens ist. Vor allem feiern wir Gott für sein Wirken in Jesus. Schon im 1. Korintherbrief von Paulus, entstanden um 55, also 25 Jahre nach dem Tod Jesu, finden wir die Worte, wie sie im Gemeindegottesdienst damals verwendet wurden: „Das ist mein Leib für euch. Tut dies zu meinem Gedächtnis! … Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut. Tut dies, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis!“ Worte, die Jesus so oder ähnlich beim letzten Abendmahl gesprochen hat und bei Paulus ihren frühesten schriftlichen Niederschlag fanden. Sie werden Einsetzungsworte genannt.

Der Nachfolger dieser urchristlichen Mahlfeiern ist die heutige Messfeier, die in vielerlei Hinsicht nicht mehr wiedergibt, was damals getan wurde. Deshalb gab und gibt es Versuche, die Messfeier in Form und Inhalt zu erneuern. Zwei dieser Stoßrichtungen sollen hier erwähnt werden:

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Theologe Tück: Kirche muss „Ressourcen des Heiligen freilegen“

Wiener Dogmatiker in NZZ: Strukturreformen alleine reichen nicht, Kirche braucht Rückbesinnung auf das Heilige.

Strukturreformen alleine genügen nicht, um die Kirche aus der aktuellen Krise herauszuführen; vielmehr brauche es eine Rückbesinnung auf die „Ressourcen des Heiligen, aus denen Generationen vor uns gelebt haben“. Das hat der Wiener Theologe Prof. Jan-Heiner Tück in einem Beitrag in der „Neuen Zürcher Zeitung“ (NZZ, 5.1.) betont. Die säkulare Gesellschaft könne solche Ressourcen selbst nicht generieren oder zur Verfügung stellen – dies sei eine Chance für die Kirchen. Schließlich sei der Mensch mehr als nur ein „animal rationale“ und brauche Zeichen und Handlungen, um sich der Welt und seines Platzes darin zu versichern. Dazu brauche es „symbolischer Handlungen, die dem Bedürfniswesen Mensch, das Hunger hat und Durst verspürt, das lieben will und sterben muss, entgegenkommen“, so Tück.

Sakramente als „Zeichen des Heils in Zeiten der Krise“ könnten etwa solche symbolischen Handlungsformen darstellen, zeigte der Dogmatiker auf: „Sie führen den Menschen über sich selbst hinaus und verbinden ihn mit dem Heiligen.

Quelle: Theologe Tück: Kirche muss „Ressourcen des Heiligen freilegen“