Wenn ich am Sonntag in meiner Gemeinde die Messe besuche, dann gibt es gleich zu Beginn eine Verwirrung. Ich bin verwirrt, weil ich mit allen anderen zum Priester sage: „Und mit deinem Geiste.“ Da denke ich mir, dass ich mich mit dem Geist des Priesters irgendwie verbinde. Erst gestern bemerkte ich, dass das eher eine private Erklärung ist, die mit der kirchlichen Tradition im Widerspruch steht.
Ich sage das „Und mit deinem Geiste“ wie alle anderen als Antwort auf den Satz: „Der Herr sei mit euch.“ Auch da ist mir nicht ganz klar, wer der Herr ist. Meine Professoren des Neuen Testaments haben mir gelehrt, dass „der Herr“ immer Christus ist. Aber seit der neuen Bibelübersetzung 2016 haben die Professoren des Alten Testaments den Namen „Jahwe“ mit „Herr“ übersetzt. Das haben sie getan, um der Bitte des jüdischen Oberrabbiners von Rom zu entsprechen. Juden und Jüdinnen sprechen den Namen „Jahwe“ nicht aus, um nicht unbewusst den Namen zu entehren. So weiß ich bis jetzt nicht, welcher Herr gemeint ist, wenn der Priester „Der Herr sei mit euch“ sagt. Jesus oder Jahwe. OK, ein großer Unterschied ist ohnehin nicht, ist doch in unserem Glauben Jesus ganz Gott und ganz Mensch. Aber welcher Geist ist damit gemeint, wenn ich antworte „Und mit deinem Geiste.“?
Ich schaue bei Paulus nach. In seinem Brief an die Galater schreibt er: Die Gnade Jesu Christi, unseres Herrn, sei mit eurem Geist, meine Brüder und Schwestern! Gal 6,18. Das zeigt schon, in welche Richtung es geht. Es ist unser Geist. Aber „unser Geist“ ist in der Kirche immer der Heilige Geist. Er ist der Geist, der die Versammlung zu Pfingsten begründet.
Dieses „Und mit deinem Geiste“ ist dann die Zusage der Menschen, die den Heiligen Geist bekommen haben, an Jesus und an den Leiter der Versammlung, der an der Stelle Jesu handelt. „Und deinem Geiste“ bedeutet also, dass wir im Heiligen Geist sprechen und den Heiligen Geist in Jesus erkennen und den Heiligen Geist dem Priester zusprechen. Es ist eine Zusage des Volkes an den Priester, er kann jetzt im Heiligen Geist handeln. Diese Akklamation ist eine kollektive Zusage an den Priester, er könne jetzt im Geist Jesu die Feier leiten.
Noch klarer wird das, wenn ich in einer Bischofsmesse bin. Denn der Bischof sagt das Jesuswort: „Der Friede sei mit euch.“ Da ist ganz klar, dass hier Jesus in der Person des Bischofs spricht. Denn dieses „Der Friede sei mit euch“ spricht Jesus als Auferstandener den Jüngerinnen und Jüngern zu. Wenn ich darauf antworte: „Und mit deinem Geiste“, spreche ich mit Jesus, der sein ganzes Leben im Heiligen Geist gelebt hat. Ich sehe mich dabei ganz mit Jesus, der Gemeinde und dem Bischof im Heiligen Geist verbunden.
Die Verwirrung löst sich. Es ist ein Dialog zwischen Jesus und seiner Versammlung. Dieser Dialog ist durch den Heiligen Geist möglich, der die Verbindung herstellt. Und: Wir werden durch den Heiligen Geist zu Medien. Durch uns spricht der Heilige Geist. Da wird alles neu.