Die Problematik des medizinisch assistierten Freitodes

Wie verzweifelt sind Menschen?

            Die Selbsttötung und die medizinisch assistierte Selbsttötung wirft viele Fragen auf. Wie frei ist eine Selbsttötung? Inwiefern ist Selbsttötung mit Gift eine Form der Gewalt gegen sich? Ist eine Überdosis eines Medikamentes ebenfalls Gift? Inwiefern können Ärzte, die zur Erhaltung des menschlichen Lebens sich verpflichten, bei der Tötung von Menschen assistieren?

            Ich habe jetzt im Katechismus der Katholischen Kirche zu dem Themenbereich nachgelesen.

            Unter der Nummer 2280 schreiben die Autoren:
Jeder ist vor Gott für sein Leben verantwortlich. Gott hat es ihm geschenkt. Gott ist und bleibt der höchste Herr des Lebens. Wir sind verpflichtet, es dankbar entgegenzunehmen und es zu seiner Ehre und zum Heil unserer Seele zu bewahren. Wir sind nur Verwalter, nicht Eigentümer des Lebens, das Gott uns anvertraut hat. Wir dürfen darüber nicht verfügen.

            Meine Überlegungen: Das Leben ist keine Sache, kein „Ding“, über die ich verfüge. Seit meiner Zeugung wachse ich mit Hilfe meiner mich umgebenden Welt, meiner Mutter, meinem Vater, den vielen anderen Personen und auch dem großen Du, Gott. Ich bin nicht nur ein körperliches Lebewesen, sondern auch ein seelisches, geistiges Wesen, das in ständigem Austausch sich befindet. Anscheinend steckt hinter diesem Leben etwas Größeres. Der Tod ist eine Macht, die dieses Wachsen und Austauschen abbricht.

            Davon spricht der Absatz 2281:

            2281 Der Selbstmord widerspricht der natürlichen Neigung des Menschen, sein Leben zu bewahren und zu erhalten. Er ist eine schwere Verfehlung gegen die rechte Eigenliebe. Selbstmord verstößt auch gegen die Nächstenliebe, denn er zerreißt zu Unrecht die Bande der Solidarität mit der Familie, der Nation und der Menschheit, denen wir immer verpflichtet sind. Der Selbstmord widerspricht zudem der Liebe zum lebendigen Gott.

            Der Selbstmord oder die Selbsttötung ist wie jede Tötung eine Gewalttat. Auch wenn „nur“ eine Substanz verabreicht wird, so ist diese Substanz ein Gift, das den Körper tötet. Auch eine Überdosis eines Schlafmittels oder eines Schmerzmittels ist Gewalt, weil es den Körper, der noch immer wächst und austauscht, tötet.

            Der Wunsch nach Autonomie und autonomem Sterben verkennt, dass jede und jeder in einem Beziehungsnetz lebt. Wenn sich jemand umbringt, dann hinterlässt er Menschen, die Gefühle haben, sich Gedanken machen, eventuell traurig sind und irritiert werden.

            Ähnlich ergeht es Gott, der den Menschen liebt und ihn jetzt zu sich holt. Was er ihm sagt oder zeigt, das können wir nur ahnen oder von seiner Offenbarung in Christus her denken und fortschreiben. Jesus gibt uns ein Gebot: Du sollst Gott lieben mit deinem ganzen Herzen, deiner ganzen Seele und deiner ganzen Kraft – und deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Dies sind Gebote, um glücklich zu werden.

            Es gibt viele medizinische Möglichkeiten, den Schmerz zu bekämpfen und auch Schlafmittel zu verabreichen ohne dass man überdosiert. Die Palliativmedizin zeigt es uns vor. Ärztinnen und Ärzte müssen kein tödliches Gift oder ein tödliche Überdosis geben, das dann der Mensch zu sich nimmt, um zu sterben. Der Palliativmediziner des AKHs Prof. Dr. Herbert Watzke konnte das in der ORF Sendung „Im Zentrum“ recht gut erklären.

            Selbsttötung, so zeigen die Erfahrungen, ist ansteckend. Das hängt damit zusammen, dass Gewalt selbst ansteckend ist. Der Anthropologe René Girard hat darüber viele Studien verfasst (sein Standardwerk: Das Heilige und die Gewalt). Deswegen wurde in der Geschichte immer wieder versucht, Selbsttötung zu verhindern.

            Menschen wollen anderen durch ihre Krankheit nicht zur Last fallen. Damit niemand aus diesem Grund Suizid begehen möchte, muss das Recht auf Pflege und ein Recht auf ein menschenwürdiges Sterben verankert werden.

            Hilfe zur Selbsttötung gefährdet andere Menschen und den solidarischen Zusammenhalt.

            2282 Wenn der Selbstmord in der Absicht begangen wird, als Beispiel – vor allem für junge Menschen – zu dienen, bildet er zudem ein schweres Ärgernis. Freiwillige Beihilfe zum Selbstmord verstößt gegen das sittliche Gesetz.

            Schwere psychische Störungen, Angst oder schwere Furcht vor einem Schicksalsschlag, vor Qual oder Folterung können die Verantwortlichkeit des Selbstmörders vermindern.

            Diese zwei Absätze sind im Grunde richtig.

            2283 Man darf die Hoffnung auf das ewige Heil der Menschen, die sich das Leben genommen haben, nicht aufgeben. Auf Wegen, die Gott allein kennt, kann er ihnen Gelegenheit zu heilsamer Reue geben. Die Kirche betet für die Menschen, die sich das Leben genommen haben.

            Auch dieser Absatz ist im Grunde richtig. Ich frage mich, was ist der Wille Gottes. Ist es der Wille Gottes, anderen Menschen, die wie alle in einem Beziehungsnetz leben, ein tödliches Gift oder eine Überdosis in die Hand zu geben, oder ist es nicht der Wille Gottes. Was bewirkt dieses Geben des Giftes und der Überdosis mit dem Geber oder der Geberin seelisch?

Ich gehe davon aus, dass unsere Handlungen eine Atmosphäre erzeugen, die eine geistige Richtung beinhaltet. So erzeugen Handlungen einen nihilistische Atmosphäre mit der Richtung ins Nichts. Oder Handlungen erzeugen eine gewalttätige Atmosphäre mit der Richtung in den Untergang. Oder Handlungen erzeugen eine liebevolle Atmosphäre mit der Richtung auf Gottes Geist. Handlungen der Suizidprävention erzeugen eine lebensfreundliche Atmosphäre mit der Richtung auf einen guten Geist.

Quelle: Katechismus der Katholischen Kirche, 1997, Die Achtung vor dem menschlichen Leben.

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