Ich stelle mir vor, eine Frau liest in einem katholischen Gottesdienst eine Lesung und geht zum Pfarrkaffee. Dort steht ein Mann, der sie anbrüllt: „Was haben wir mit dir zu tun, Monika Bauer? Bist du gekommen, um uns ins Verderben zu stürzen? Ich weiß, du trägst den Geist Gottes in dir!“ Darauf sagt Frau Bauer: „Schweig und verlass ihn!“ Darauf zerrte etwas den Mann hin und her und verließ ihn mit lautem Geschrei.
So ähnlich war die Szene in der Synagoge, dem Bethaus in Kafarnaum. Jesus trifft auf einen Mann, der ihn anschreit. „Was haben wir mit dir zu tun, Jesus von Nazaret? Bist du gekommen, um uns ins Verderben zu stürzen? Ich weiß, wer du bist: der Heilige Gottes.“ Darauf sagt Jesus: „Schweig und verlass ihn!“ Der unreine Geist zerrte den Mann hin und her und verließ ihn mit lautem Geschrei.
Diese Szene ist für sich genommen unverständlich. Erst im Gesamtzusammenhang wird es verständlicher.
Im Markusevangelium ist das die siebente Szene.
1. Johannes der Täufer erklärt, dass nach ihm einer kommt, der mit Heiligem Geist tauft.
2. Jesus lässt sich taufen, der Heilige Geist schwebt aus dem offenen Himmel wie eine Taube auf ihn herab und eine Stimme aus dem Himmel erklärt, dies sei sein geliebter Sohn.
3. Der Geist treibt Jesus in die Wüste, er widersteht den Versuchungen und Engel dienen ihm.
4. Er beruft Schüler, sogenannte Jünger.
5. Jesus verkündet: Das Reich Gottes ist nahe.
6. Er lehrte in der Synagoge von Kafarnaum „mit Vollmacht“.
Dann kommt es zu dieser Konfrontation. Der Erzähler stellt den Mann vor, er sei von einem unreinen Geist besessen. Nach der Konfrontation zerrt der unreine Geist den Mann hin und her und verlässt ihn mit Geschrei.
Es stehen sich hier zwei Menschen gegenüber. Auf der einen Seite Jesus, der gleichzeitig der Sohn Gottes ist und im Heiligen Geist handelt und auf der anderen Seite ein Mann, der einen unreinen Geist in sich hat, der nicht sehr freundlich zu dem Menschen ist. Man kann sagen, dass es eine ungleiche Konfrontation ist. Auf der einen Seite der Mensch gewordene Gott und auf der anderen Seite eine gespaltene Person. Oder auf der einen Seite Jesus mit dem Heiligen Geist und auf der anderen Seite ein Mann mit einem unreinen Geist.
Die Konfrontation beginnt mit einem Schreien: „Was haben wir mit dir zu tun, Jesus von Nazaret?“ In dem Mann schreit der Ungeist, der sich absichert, indem er ruft, er sei der Sprecher einer ganzen Gruppe. So eine Gruppe kann gegen einen einzelnen sehr erfolgreich sein, wie man später sieht, als ein Mob die Ermordung Jesu durchboxte.
Der Geist anerkennt jetzt die Macht seines Gegenübers: „Bist du gekommen, um uns ins Verderben zu stürzen? Ich weiß, wer du bist: der Heilige Gottes.“ Ein unreiner Geist kann gegen den Heiligen Gottes nicht gewinnen. Da ist das Ende absehbar.
Jesus braucht nur „Schweig und verlass ihn!“ sagen und schon muss der unreine Geist den Mann verlassen. Warum der Erzähler meinte, Jesus hätte dem Ungeist gedroht, verstehe ich nicht.
Wie schwer es dem Mann fällt, den Ungeist los zu lassen, sieht man daran, wie er hin und her gezerrt wird und der Geist ihn zwingt zu schreien. Aber am Ende ist er befreit.
„Da erschraken alle und einer fragte den andern: Was ist das? Eine neue Lehre mit Vollmacht: Sogar die unreinen Geister gehorchen seinem Befehl. Und sein Ruf verbreitete sich rasch im ganzen Gebiet von Galiläa.“
Wir werden später sehen, dass Jesus durch den Heiligen Geist mit seinem Vater verbunden ist. Der Heilige Geist ist ein Verbinder, der Vater und Sohn und uns Menschen mit Gott verbindet. Grundlage für unsere Befreiung ist das Rufen zum Heiligen Geist und das Ziehen Lassen der Ungeister.
Das ist der Markus-Text, der in den Kirchen vorgelesen wird:
In Kafarnaum ging Jesus am Sabbat in die Synagoge und lehrte. Und die Menschen waren voll Staunen über seine Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat, nicht wie die Schriftgelehrten. In ihrer Synagoge war ein Mensch, der von einem unreinen Geist besessen war. Der begann zu schreien: Was haben wir mit dir zu tun, Jesus von Nazaret? Bist du gekommen, um uns ins Verderben zu stürzen? Ich weiß, wer du bist: der Heilige Gottes. Da drohte ihm Jesus: Schweig und verlass ihn! Der unreine Geist zerrte den Mann hin und her und verließ ihn mit lautem Geschrei. Da erschraken alle und einer fragte den andern: Was ist das? Eine neue Lehre mit Vollmacht: Sogar die unreinen Geister gehorchen seinem Befehl. Und sein Ruf verbreitete sich rasch im ganzen Gebiet von Galiläa. (Mk 1, 21-28)