Eine Kirchenreform ohne Gebet zum Heiligen Geist ist nicht möglich.
Es gibt beim Gebet drei Antworten Gottes: Ja, nein und warte. In der Zeit des 2. Vatikanische Konzil und vor allem danach war eine Aufbruchstimmung, die ich als Jugendlicher miterlebte. Wir haben gebetet, gesungen und meditiert.
Der erste Dämpfer kam, als Papst Paul VI. die Enzyklika Humanae Vitae mit dem Verbot der Mittel gegen Schwangerschaft veröffentlichte. Er entschied sich gegen den Rat der Kommission, in der auch Nichtpriester vertreten waren, für die kleinere Gruppe der Bischöfe. Sie entschieden mit nur einer Stimme Mehrheit gegen diese Mittel. Das war für viele der Beginn des Misstrauens gegen die Hierarchie, die als Herrschaft empfunden wurde. Der Heilige Geist war sicher überrascht von dieser Entscheidung, waren doch sehr viele geisterfüllte getaufte Frauen und Männer im Vorfeld durch Briefe und Gespräche in diese Sache eingebunden gewesen.
Papst Paul VI war sichtlich überrascht und wollte diesen Fehler ausmerzen, indem er die kirchlichen Juristen aufforderte, den Heiligen Geist und die Rechte des Volkes Gottes in die Neufassung des Kirchenrechts aufzunehmen. Der Geist Gottes wurde im 2. Vatikanischen Konzil als Seele der Kirche gesehen. So wie das Wort Mensch wurde, wurde der Geist die Seele der komplexen Kirche (Vergleiche Lumen Gentium 8). Er ist damit der Herr der Kirche. Papst Paul VI und damit der Heilige Geist konnte sich gegen die kirchlichen Rechtsgelehrten nicht durchsetzen. Das überraschte den Geist Gottes. Er wollte aber nichts gegen die Freiheit der Menschen unternehmen und wartete. Er sah, dass die Herrschaft der Hierarchie bald ins Wanken kommt, wenn die Missbrauchsfällen veröffentlicht werden.
Aber zuerst musste noch eine andere Herrschaft fallen. Das kommunistische Herrschaftssystem geriet mit Johannes Paul II. ins Wanken. Johannes Paul II war in Fragen der Schwangerschaftsmittel zwar ein Hardliner, aber sein tägliches Gebet richtete er zum Heiligen Geist. Da half dem Polen der Geist Gottes standhaft zu bleiben. Auch andere Christinnen und Christen waren vom Geist erfüllt, sodass der Kommunismus zerfiel.
Als Johannes Paul II. extreme Bischöfe ernannte, denen auch Missbrauch vorgeworfen wurde wie Hermann Groer, entstand das Kirchenvolksbegehren und die Bewegung „Wir sind Kirche“. Der Heilige Geist war dabei, aber er wurde nicht immer angerufen. Es ging um mehr Mitsprache, die Abschaffung des Pflichtzölibats und die Weihe von Frauen. Ich denke, es gab damals kein Bewusstsein, dass intensives Gebet zum Heiligen Geist diese Bewegung begleiten müsste. Kirche ist ja nicht für sich selbst da, sondern „Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit. “ (Lumen Gentium 1).
Für mich damals unverständlich gründete Paul Michael Zulehner parallel dazu die Pfingstvision Weitz. Im Nachhinein betrachtet war das sinnvoll und wäre eine Möglichkeit gewesen, dass der Heilige Geist in der Kirche und in der Reformbewegung Fuß fassen hätte können. Ich bin später in Weitz gewesen, aber von inständigem Gebet zum Heiligen Geist war nichts zu sehen.
Wer heftig zum Heiligen Geist betete, war die charismatischen Erneuerung, geleitet in Österreich von Pfarrer Johann Koller. Die Pfarrgemeinden sollten aus dem Geist Gottes erneuert werden, nicht die Hierarchie. Nach einem Großereignis in Linz war die Bewegung still. In letzter Zeit gab es Pfingsttreffen der Lorettobewegung für Jugendliche in Salzburg, die das Charismatische in Erinnerung hielten. Dass der Geist Gottes in der Taufe und in der Firmung zu den Menschen kommt, wird oft übersehen. Da ist es gut, dass es Freunde und Bewegungen gibt; die Entscheidung für ein Leben mit dem Heiligen Geist trifft jeder für sich selbst.
Zwei Untersuchungen der geistlosen Lage haben mich voll begeistert, beide von Michael Böhnke:
1. Kirche in der Glaubenskrise. Eine pneumatologische Ekklesiologie.
Und 2. Gottes Geist im Handeln der Menschen. Praktische Pneumatologie.
Beide zeigen die Notwendigkeit, den Heiligen Geist herabzurufen.
Nachdem Papst Franziskus eine arme Kirche für Arme propagierte und seine erste Geste eine Bitte war, dass das Volk für den Bischof von Rom beten solle, war die Herrschaft der Hierarchie in die Krise gekommen.
Ich erinnere an eine Szene in der nachpfingstlichen ersten Gemeinde in Jerusalem. Als Petrus streng bewacht im Gefängnis saß, betete die Gemeinde intensiv für ihn bei Gott. (Apostelgeschichte 12, 5). Sie betete gemeinsam, lange und inständig, angespannt und heftig. Ein Engel befreite ihn dann. Ich kann mich nicht erinnern, dass „Wir sind Kirche“ zu so einem langen, intensiven Gebetstreffen eingeladen hätte. Auch ich, der ich Unterschriften für das Kirchenvolksbegehren am Westbahnhof gesammelt habe, habe nicht lange und intensiv für die Reform zu Gott und zum Heiligen Geist gebetet. Die Zeiten haben sich geändert. Heute ist die Zeit, um für die Reform der Kirche intensiv zum Geist Gottes zu beten.
Die Kirche und der Heilige Geist sind wie Petrus im Gefängnis. Beten wir um ihre Befreiung!