Als ich Theologie zu studieren begonnen habe, hätte ich die Konzilstexte besser durchlesen sollen. Das Verhältnis zu den Bischöfen wäre dann ein anderes gewesen. Ich habe zwar sie nicht als Autoritätspersonen wahrgenommen, aber als Brüder habe ich sie nicht gesehen. Ich habe eine Schwester, zwei Brüder und ein nettes Verhältnis zu den anderen Christinnen und Christen, aber die Bischöfe als meine Brüder in Christus zu sehen, geschweige denn sie so anzusprechen, ist mir nicht in den Sinn gekommen. Ich kann mich erinnern, dass ich zu einer Frau unserer Pfarre einmal „Schwester in Christus“ gesagt habe, was sie sehr gefreut hat. Sie meinte, dass das ein schöner Ausdruck sei.
Jetzt lese ich, dass das Zweite Vatikanische Konzil die geweihten Amtsträger als meine Brüder bezeichnet.
Lumen Gentium 32 spricht über das Verhältnis von den Mitgliedern des Volkes Gottes zu den geweihten Amtsträgern. „Wie die Laien aus Gottes Herablassung Christus zum Bruder haben, der, obwohl aller Herr, doch gekommen ist, nicht um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen (vgl. Mt 20,28), so haben sie auch die geweihten Amtsträger zu Brüdern“.
Die Bischöfe sind unsere Brüder. Wow. Sie stehen in einem Vergleich mit Christus, der nicht gekommen ist, um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen. Die Bischöfe sind unsere Brüder, die kommen um uns wie Christus zu dienen. Wobei das Dienen allen Menschen zu ihrem Heil führen soll.
Das ist ein sehr revolutionäre Aussage. Es geht um die Praxis und nicht nur um eine Bezeichnung. Denn das Bischofsamt wird oft als Dienstamt bezeichnet, wobei das Dienen als Handeln, Tun und als Praxis oft nicht vorkommt.
Bruder Bischof, bitte diene uns. Ihr Brüder, fragt uns, wie ihr uns dienen könnt!