Die Katholische Kirche tut sich schwerer als die evangelische Kirche mit der Segnung von homosexuellen oder lesbischen Paaren, weil sie das Sakrament der Ehe für Mann und Frau hat. Dabei handelt es sich um eine Handlung der Frau und eine Handlung des Mannes, bei denen sie füreinander zum Gottesmedium werden. Sie schenken sich gegenseitig Gott.
Wobei der lebendige Gott durch die Frau zum Mann kommt und durch den Mann zur Frau. Dabei begegnet vor allem die Manifestation der Gegenwart Gottes, der Heilige Geist der jeweiligen anderen Person. Wenn in der Kirche beide heiraten, wird der Heilige Geist auf beide herabgerufen. Dieses Herabrufen passiert wesentlich bei allen sieben Sakramenten.
Durch den Segen für die Eheleute wird die Ehe aber nicht zum Sakrament, sondern durch das Eheversprechen und den Vollzug der Ehe.
Bei homosexuellen oder lesbischen Paaren gibt es keine sakramentale Tradition mit zwei weiblichen oder zwei männlichen Gottesmedien.
Die Kirche kann Homosexuelle und Lesben einzeln segnen.
Sie kann die Freundschaft von zwei homosexuellen oder lesbischen Menschen segnen.
Es stellt sich die Frage: Kann die Kirche den homosexuellen oder lesbischen Paaren, die einen Lebensbund beginnen, ihren Segen geben?
Ob die Kirche eine Lebensgemeinschaft von zwei Homosexuellen oder zwei Lesben segnen kann, hängt mit der Sexualmoral der katholischen Kirche zusammen. Wenn es der Kirche gelingt, die Sexualität als integralen Bestandteil der Liebe der homosexuellen und lesbischen Paare zu sehen, ist es ihr leichter, auch die Paare als Paare mit einem Lebensbund zu segnen. Wichtig: Jede Christin und jeder Christ entscheidet in den Handlungen nach dem autonomen Gewissen, das Gott schenkt.
Wie kann eine Christin, ein Christ entscheiden und wie kann die Kirche entscheiden? Welche Grundlagen gibt es?
Das hängt an drei miteinander verbundenen Grundlagen: die Bibel, die Tradition und der Heilige Geist.
Mit der Bibel beschäftigt sich die Wissenschaft der Exegese, die die zeitbedingten von den offenbarungsmäßigen Aussagen unterscheidet und die auch untersucht, ob die Textabschnitte die Homosexualität betreffen oder in der späteren Geschichte so interpretiert wurden.
Die Exegese muss wie die anderen theologischen Wissenschaften mit dem Herabrufen des Heiligen Geistes, der die Kirche leitet, durchgeführt werden.
In der neuen Übersetzung der Bibel 2016 wird statt „Als Mann und Frau erschuf er sie“ mit „Männlich und weiblich erschuf er sie“ übersetzt (Genesis 1,27). Dadurch werden die Rollen und die Interaktionen flexibler gesehen.
Mit der Tradition beschäftigen sich die Wissenschaften der Liturgie, der Spiritualität, der Kirchengeschichte, der Moral und der Pastoral, also der praktischen Theologie. Es geht dabei um das Handeln in der Kraft des Heiligen Geistes, der auf das Handeln Jesu hinweist.
Mit dem Heiligen Geist, der die Kirche leitet, beschäftigt sich die Dogmatik oder die systematische Theologie. Im Johannesevangelium verspricht Jesus, dass der Heilige Geist uns in die ganze Wahrheit einführen wird. „Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in der ganzen Wahrheit leiten. Denn er wird nicht aus sich selbst heraus reden, sondern er wird reden, was er hört, und euch verkünden, was kommen wird.“ Joh 16,13
Im Entscheidungsvorgang müssen die Bereiche gehört werden, gewichtet werden und der Heilige Geist muss gebeten werden, bei der Beratung dabei zu sein. Er leitet die Kirche und muss gefragt werden. Beim Zweiten Vatikanischen Konzil wurde vor jeder Sitzung ein Gebet zum Heiligen Geist gesprochen, dem Adsumus.
Der Papst kann anregen, über diese Frage nachzudenken, zu forschen, zu beten und zu diskutieren. Er muss dann, weil er, wie die anderen Bischöfe, das Charisma der Leitung bekommen hat, einen Konsens herstellen und verkünden. Ein Konsens könnte sein, dass ein lesbisches oder homosexuelles Paar für seine Lebensgemeinschaft den Segen der Kirche bekommt und dass sein Handeln in der Sexualität in das autonome Gewissen der beiden gelegt wird.
Die Kirche segnet Vieles. Auch Eltern können ihre Kinder segnen. Der Segen ist eine Verbindung von Wunsch und Bitte, oft mit einer Erinnerung an Gottes frühere Hilfe und einem Lobpreis verbunden. Im Segen wird die helfende Nähe Gottes zugesprochen.
Bekannt sind die irischen Segenssprüche und der Aaronitische Segen (Numeri 6,24-26):
Der HERR segne dich und behüte dich.
Der HERR lasse sein Angesicht über dich leuchten und sei dir gnädig.
Der HERR wende sein Angesicht dir zu und schenke dir Frieden.
Für beide Menschen würde der Spruch so lauten:
Der HERR segne euch und behüte euch.
Der HERR lasse sein Angesicht über euch leuchten und sei euch gnädig.
Der HERR wende sein Angesicht euch zu und schenke euch Frieden.
Irischer Segensspruch für beide:
Der Herr sei vor euch,
um euch den rechten Weg zu zeigen,
der Herr sei neben euch,
um euch in die Arme zu schließen und euch zu schützen,
der Herr sei hinter euch,
um euch zu bewahren vor der Heimtücke böser Menschen,
der Herr sei unter euch, um euch aufzufangen,
wenn ihr fällt und euch aus der Schlinge zu ziehen,
der Herr sei in euch,
um euch zu trösten, wenn ihr traurig seid,
der Herr sei um euch herum, um euch zu verteidigen,
wenn andere über euch herfallen,
der Herr sei über euch, um euch zu segnen.
Andere irische Segenssprüche
Hier gibt es mögliche TRAUUNGSSEGEN mit und ohne Herabrufen des Heiligen Geistes.