Der Theologe Thomas Ruster denkt das geistliche Amt neu.
Muss das geistliche Amt, insbesondere der katholischen Kirche, „monokratisch“ in einer einzigen Person vereinigt sein? In frühchristlichen Zeiten war es nicht so. Es gab unter anderem Lehrer und Propheten, Leiter und Leiterinnen von Gemeinden und darüber hinaus im Kontext der sakramentalen kultischen Entwicklung, etwa der eucharistischen Liturgie des Herrenmahls, auch jene Personen, die priesterlich tätig wurden. Der Theologe Thomas Ruster schlägt vor, sich in Zeiten einer schweren Krise des Glaubens, der Verkündigung wie des besonderen Priestertums auf die ursprüngliche Pluralität, ja „Arbeitsteilung“ zurückzubesinnen. Er denkt an eine Auffächerung des Amtes in drei Ämter gemäß der Chrisamsalbung jedes Getauften zum Priester, König und Propheten, wie es im Gebet des entsprechenden Ritus heißt. Die im Amt des Priesters vereinten Aufgaben des Lehrens (Prophet), Heiligens (Priester) und Leitens (König) könnten bei einer Aufteilung der Dienste den Geistlichen nicht nur entlasten, sondern im Sinne einer Machtbalance – „Balance of Powers“ – und Gewaltenteilung das Glaubensleben der ganzen Gemeinde inspirieren, dem Gottesvolk vor Ort Dynamik verleihen.
Laut Ruster wäre für jedes dieser drei Ämter eine Ordination vorzusehen, die als „Weihe“ gleichrangig und gleichgewichtig ist. Die betroffene Person wäre nicht nur „berufen“, sondern sie würde von der jeweiligen Gemeinde, die nicht die klassische Territorial-Pfarrgemeinde sein muss, zum besonderen Dienst und Auftrag gerufen. Der Bischof hätte die Eignung zu prüfen und die Ordination vorzunehmen. Die entsprechende Beauftragung wäre auf Zeit begrenzt und auf die betreffende Gemeinde bezogen.
Quelle: Buchbesprechung: Priester – König – Prophet | CHRIST IN DER GEGENWART