Drei Freunde treffen sich. Gott Vater, Gott Sohn und Heiliger Geist. Sie schauen auf die Erde hinunter. Da stößt der Vater den Sohn an: „Was sagst? Da läuft doch einiges schief.“ Der Sohn zum Vater: „Ich halte das nicht aus. Ich geh.“ Darauf der Geist: „Da komm ich mit.“ Der Vater meinte dazu: „Na gut, aber passt aufeinander auf.“
Gott zeigt uns sich in der Geschichte. Am Berg Sinai erscheint Gott dem Moses im brennenden Dornbusch. „Ich bin, der ich das bin.“ Sein Geist spricht in den Propheten, wie Jesaja und zeigt die Treue Gottes und wie mit seiner Hilfe Frieden möglich ist. Dann kommt Gott als Mensch und lebt 36 Jahre als Jude, erfüllt vom Heiligen Geist, in Israel. Nach seinem Tod, seiner Auferstehung und seinem Heimgang zum Vater kommt der Heilige Geist in verschiedenen Gemeinschaften und erschafft die Kirchen. Diese eine Christenheit ist ein Werkzeug des Heiligen Geistes, der Jesus und Gott Vater gegenwärtig macht. Es sind ständige Eingriffe Gottes in die Geschichte ohne die Freiheit der Menschen einzuschränken. Sie wird in der Beziehung zu ihm größer.
Es ist schon überraschend. Da kommen die zwei Freunde von Emmaus nach Jerusalem zurück, erfüllt von ihrer Erfahrung des Auferstandenen. Kaum werden die Geschichten mit den Jüngern ausgetauscht, erscheint ihnen Jesus. Die geschockten Jünger fragen sich, ob es eine Geistererscheinung ist.
Diese Geschichte schreibt Lukas auf, der mit dem Evangelisten Johannes und dem Apostel Paulus die Handlungen des Heiligen Geistes stärker beleuchtet. Gerade das Lukasevangelium und das Johannesevangelium erwähnen bei den Erscheinungen Jesu nach der Auferstehung seine Körperlichkeit und sein Essen. Aber auch Paulus schreibt: Euer Körper ist der Tempel des Heiligen Geistes (1Kor 6,19).
Ich habe mich bei einigen Büchern, vor allem von Michael Böhnke schlau gemacht[1] Ich sehe vier Dimensionen des Heiligen Geistes: Der Geist Gottes zeigt einerseits die Anwesenheit Gottes (1), andererseits das für-die-anderen-da-Sein Gottes (2), als drittes das Verbindung-Schaffende (3), als viertes das Neues-Schaffende (4).
Das würde für die Erscheinungen Jesu – nach der Auferstehung, nachdem er zu seinem Vater geht – bedeuten, dass der Geist einen Beziehungsraum schafft, in den hinein Jesus kommen kann. Es ist gerade spannend, dass dabei eine kreative Spannung zwischen unsichtbarem Geist und sichtbarer Körperlichkeit entsteht.
Im Johannesevangelium bereitet er ein Kohlenfeuer vor, legte auf den Rost Fisch und Brot. Damit sie aber nicht nur auf ihn angewiesen waren, zeigte er ihnen, wie sie viele Fische fangen konnten. Es wurden 153 große Fische, ein riesiger Fang. Jesus sagte zu ihnen: Meine Kinder, habt ihr keinen Fisch zu essen? Sie sahen am Boden ein Kohlenfeuer und darauf Fisch und Brot liegen. Jesus sagte zu ihnen: Kommt her und esst! Jesus trat heran, nahm das getoastete Brot und gab es ihnen, ebenso den gebratenen Fisch. Dass er gegessen hat, wird nicht ausdrücklich erwähnt, aber auch nicht verneint. Es heißt nur: Als sie gegessen hatten, sagte Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese? (Vgl. Joh 26,4-15)
Bei Lukas wird die Szene noch körperlicher. Die Jünger meinten, einen Geist zu sehen. Jesus sagte: „Fasst mich doch an und begreift: Kein Geist hat Fleisch und Knochen, wie ihr es bei mir seht.“ Er zeigte ihnen Hände und Füße. Als sie es vor Freude noch immer nicht glauben konnten, fragte er sie nach etwas zum Essen. Sie gaben ihm ein Stück gebratenen Fisch. Er nahm es und aß es vor ihren Augen.
Die Christenheit lernt dazu. Nachdem im 20. Jahrhundert viele geistliche und charismatische Aufbrüche einerseits gescheitert sind, andererseits in individuellen Gruppen und in Pfingstkirchen das Feuer erhalten blieb, sahen einige Theologen wie Michael Böhnke die Geistvergessenheit der Großkirchen in einem Zusammenhang mit der Gottvergessenheit in der Gesellschaft. Die Kirche vergisst den Geist, stützt sich auf die Gesetze, verliert die Gläubigen, bekennt sich angesichts der Missbrauchsfälle nicht zu den Sünden und verdunkelt den Zugang zu Gott. Michael Böhnke setzt im Zentrum der Kirche an, in der Seele der Kirche, dem Heiligen Geist. Er merkt, dass die Kirche mit diesem Geist Gottes keinen Dialog führt. Eine geistige Katastrophe für das Christentum.
In seiner Untersuchung „Kirche in der Glaubenskrise“[1] weist er auf den evangelischen Kirchenrechtler Richard Sohm hin, der als erster das Auseinanderklaffen von Charisma und Recht, von Geist und Recht 1892 zum Thema machte: „Das Wesen der Kirche ist geistlich, das Wesen des Rechts ist weltlich. Das Wesen des Kirchenrechts steht mit dem Wesen der Kirche im Widerspruch.“ Er löste damit eine Diskussion mit Adolph von Harnack, dem evangelischen Reformtheologen, aus. Richard Sohm: Die Kirche sei in der Urgemeinde eine rein charismatische Organisation gewesen. Charismatiker, von Gott geführt, haben die Kirche geleitet.[2] Diese charismatische Organisation ist labil und formlos. Im Katholizismus verband sich die Kirche mit dem Recht und bekam eine äußere Form. Durch die apostolische Sukzession konnte die Herrschaft der Bischöfe als Nachfolger der Apostel und als Repräsentanten von Jesus gesichert werden. Diese Amtsträger brauchen keine persönlichen Qualitäten, sie bekommen durch einen äußeren Rechtsakt die Leitungsgewalt. Dadurch wird der Glaubensgehorsam der Mitglieder zum Rechtsgehorsam und die geistliche Gemeinschaft wird zu einer Rechtsgemeinschaft.[3]
Richard Sohm reflektierte das Verhältnis von Charisma und Gesetz. Heute, 130 Jahre später, sind vor allem zwei Fragen zu klären: Gibt es nicht unterschiedliche, bunte charismatische Ausdrucksformen und gibt es nicht charismatische Führungsmodelle abseits rein rechtlicher Art? Hier setzt Böhnke an und bringt die Epiklese ins Spiel. Epiklese ist ein sperriges Wort, das im kirchlichen Bereich mir nur in der Liturgie bekannt war, wenn auf Brot und Wein der Heilige Geist herabgerufen wird. Epiklese wird bei Böhnke umfassender gebraucht. Es ist jeder Dialog mit Gott, in dem um seinen Geist gebeten wird und dieser Heilige Geist herabgerufen wird, [4] ja herabgefleht wird.