Prag, 6.2.2023. Bischof Dr. Georg Bätzing (Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz) und Dr. Irme Stetter-Karp (Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken) sprachen die großen Schwierigkeiten der Katholischen Kirche offen an. Es gibt gemeinsame Erfahrungen, aber noch keine gemeinsamen Antworten – im Urteilen und Handeln.
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Bischof Georg Bätzing: „‚Gott hat uns nicht den Geist der Verzagtheit gegeben, den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit‚ schreibt der Apostel Paulus an seinen Schüler Timotheus (2 Tim 1,7). Tatsächlich, diesen Geist braucht unsere Kirche. Wir wollen hier in Prag von unseren Glaubensgeschwistern lernen, wir wollen auch unsere Erfahrungen in den weltweiten Prozess einbringen.
Wir haben 2019 einen synodalen Prozess begonnen, weil uns eine wissenschaftliche Untersuchung zu Missbrauch in unserer Kirche gezeigt hat, es gibt schwere individuelle Schuld, viel zu viele Kleriker haben ihre Macht missbraucht und Verantwortliche, nicht zuletzt Bischöfe, haben die Untaten vertuscht. Es gibt aber auch systemische Ursachen des Machtmissbrauchs. Wir können sie nicht leugnen. Wir sind entschlossen, Konsequenzen zu ziehen, spirituelle und strukturelle.
Die Situationen, in denen wir in Europa leben sind unterschiedlich. Wir brauchen überzeugende Antworten, wie wir in diesen Situationen das Evangelium neu entdecken und verkünden können. Aber wir dürfen keine Sonderwege gehen. Wir gehen gemeinsam den Weg, den Gottes Geist unsere Kirche führt an vielen Orten mit vielen Menschen in vielen Formen. Es ist ein Kairos der Kirche, ihre Synodalität zu entdecken und zu gestalten.
Wir haben in allen Diözesen in vielen Gruppen und Gemeinden sorgfältig die zehn Fragen zur Vorbereitung der Weltsynode bedacht und zu einer Synthese gebracht. Wir haben auch engagierte Antworten auf die drei Fragen gesammelt, die uns hier in Prag leiten sollen. Das Vorbereitungsdokument hat uns sehr beeindruckt. Wir erkennen in ihm eine gute Dokumentation dessen, was die ganze Kirche bewegt, auch in unserem Land.
Deshalb können wir die erste Frage in der Gewissheit beantworten, dass die Erfahrungen unsere Kirche einen, auch wenn die Antworten noch nicht feststehen.
Wir hören, dass Frauen mehr Teilhabe und Mitwirkung erwarten und dies ein Anliegen der ganzen Kirche ist.
Wir hören, dass die Gläubigen eine Stimme haben wollen, wenn ihre Angelegenheiten beraten und entschieden werden.
Wir hören, dass nach neuen Formen gesucht wird, das Priesteramt zu gestalten.
Wir hören, dass die Stärkung der Ökumene ein Herzensanliegen der ganzen katholischen Kirche ist.
Wir hören, dass die Kirche offen stehen soll, deren Lebensweise nicht den Normen des Katechismus entspricht, auch den queeren Personen.
Wir hören und verstehen diese Anliegen. Ich teile sie ganz persönlich.
Ich sehe die Aufgabe als Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz Deutschlands, sie in den weltweiten Prozess einzubringen, der die Kirche erneuern soll.“ sagte Bischof Georg Bätzing beim europäischen Treffen der Synode in Prag am 6.2.2023.
Präsidentin Stetter-Karp: „Die deutsche Bischofskonferenz hat das Zentralkomitee der deutschen Katholiken gebeten, den synodalen Weg gemeinsam zu verantworten. Als dessen Präsidentin sehe ich die Not der Menschen, die trotz aller Enttäuschungen eine Kirche erhoffen, die eine Kraft des Friedens ist. Das treibt mich um. Wir beantworten die Fragen nicht unterschiedlich, sondern mit einer Zunge.
Auf die zweite Frage antworten wir: Die katholische Kirche darf nicht nur auf sich selbst schauen. Europa wird von einem mörderischen Krieg gefährdet. Weltweit gibt es verheerende Kriege und Bürgerkriege, die schlimmes Leid verursachen. Wir brauchen hier in Prag ein Zeichen der Solidarität mit den Opfern, ein Zeichen der Hoffnung auf Frieden. Wir brauchen es nicht nur in Form von Deklarationen, wir brauchen es in der Weise, wie wir Kirche sind.
Wir brauchen Wege, unsere Schuld aufrichtig zu bekennen und unsere Einheit zu stärken. Wir brauchen Wege, in denen wir Geschlechtergerechtigkeit verwirklichen. Wir brauchen Wege, Menschen willkommen zu heißen.
Unser Ziel ist es, den Klerikalismus zu überwinden und die gemeinsame Verantwortung für die Verkündigung des Evangeliums zu stärken. Wir brauchen keine Konformität, wir brauchen Einheit in Vielfalt. Lassen Sie uns nach den besten Antworten gemeinsam suchen.
Die dritte Frage führt zu einer Antwort, die Realismus mit Glaube, Hoffnung und Liebe verbindet. Wir dürfen den systemischen Missbrauch nicht verdrängen. Das sind wir den Betroffenen schuldig. Wir können uns auf die Charismen besinnen, die Gaben, die Dienste und Energien des Geistes, die alle Gläubigen in die Kirche einbringen. Wir brauchen eine Klärung, was wir unter Synodalität verstehen im Sehen, im Urteilen und im Handeln. Das gemeinsame Priestertum steht nicht im Widerspruch zum Priestertum des Dienstes und umgekehrt.
Gemeinsames Beraten erleben wir schon jetzt im synodalen Prozess. Wie können wir in einem gemeinsamen Prozess zu Entscheidungen kommen? Liebe Glaubensgeschwister, auf der europäischen Synodalversammlung! 2019, zu Beginn des Synodalen Weges in Deutschland, hat Papst Franziskus einen Brief an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland geschrieben.
Wir stimmen Papst Franziskus zu, Synodalität dient der Evangelisierung, Synodalität ist ein spiritueller Prozess, der klare Formen findet. Bischöfe tragen die Leitungsfunktion nicht einsam, sondern gemeinsam verbunden mit dem ganzen Volk Gottes. Liebe Synodale, diese Verbundenheit müssen wir stärken im Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit. Danke.“ sagte Irme Stetter-Karp, die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken bei der europäischen Synodalversammlung in Prag am 6.2.2023.
Quelle: Kontinentales Treffen auf Europaebene: Eine starke Intervension aus Deutschland!