In seiner dritten Abschiedsrede sagt Jesus: Ich habe es euch aber gesagt, damit ihr euch, wenn die Stunde kommt, daran erinnert, dass ich es euch gesagt habe. Das habe ich euch nicht gleich zu Anfang gesagt; denn ich war ja bei euch. Jetzt aber gehe ich zu dem, der mich gesandt hat, und keiner von euch fragt mich: Wohin gehst du? Vielmehr hat Trauer euer Herz erfüllt, weil ich euch das gesagt habe. Doch ich sage euch die Wahrheit: Es ist gut für euch, dass ich fortgehe. Denn wenn ich nicht fortgehe, wird der Beistand nicht zu euch kommen; gehe ich aber, so werde ich ihn zu euch senden (Johannes 17,4-7).
Jesus geht zum Vater und lässt die Jünger allein zurück. Wir feiern Christi Himmelfahrt 40 Tage nach Ostern. Danach ist Jesus beim Vater und wir sind allein. 10 Tage sind wir ohne die Nähe Gottes. Wir sind von Gott und Jesus Verlassene. Er musste sterben und nach der Auferstehung und seinen Erscheinungen musste er endgültig zum Vater gehen.
Dem Zusammenhang zwischen Geistvergessenheit und Krankheit ging der Philosoph Eric Voegelin nach und prägte im Rückgriff auf Friedrich W. J. Schelling den Begriff Pneumopathologie. Pneuma ist der Geist. Voegelin sah wie Viktor Frankl ein Defizit bei Menschen, die sich den Zugang zum göttlichen Grund versperrten. Er sah ihre Abgeschlossenheit, ihren Narzissmus, ihre Getriebenheit von der Angst, die ihre Offenheit für den Geist vermissen lassen. Die Anfälligkeit für Verschwörungstheorien kann hier verortet werden.
Als ich das Buch von Michael Böhnke über Gottes Geist aufschlug, war ich überrascht, dass er sein Vorwort mit diesem Satz begann: „Gottesferne und Geistvergessenheit prägen das Verständnis des menschlichen Handelns in Moderne und Postmoderne“. Auch er erinnert an Schelling, aber nicht an dessen Begriff Pneumapathologie, sondern an den Satz „Kein Wille offenbart sich anders als durch die That“. Er bezieht diesen Satz auf die Offenbarung des Heiligen Geistes: „Auch jener offenbart sich nicht anders als durch die Tat, genauer durch die Taten der Menschen.“ Ich wurde dieser Tage über Twitter auf Michael Böhnke aufmerksam, der das Buch Gottes Geist im Handeln der Menschen, eine praktische Pneumatologie im Jahre 2016 veröffentlichte. Er sieht nicht nur ein Fehlen des Gottesbezugs in der Moderne und Postmoderne, sondern er sieht auch ein Fehlen des Geistes in der Kirche. Er erinnert an Karl Rahner und an Papst Johannes Paul II, die beide auf die Geistvergessenheit hinwiesen. Die Heiligen-Geist-Erfahrungen der Pfingstkirchen, die einen großen Zulauf haben, ist innerlich geprägt. Böhnke bringt neben der Innerlichkeit die äußere Seite, das Handeln der Menschen in seine Überlegungen ein. Ich kann sagen: Der Heilige Geist erfüllt mich und prägt die Ausrichtung meines Handelns auf das Gute, auf ihn hin.
Auch der Künstler Benedikt Hipp bezieht sich auf den Philosophen Eric Voegelin. Er lässt die Einzelelemente seiner Skulpturen in ihrer Singularität bestehen. „Anschaulich wird das etwa in den durch ein Gestänge verbundenen Objekten der Installation Entorganisierter Tresterraum (pneumopathologic studies), 2015.“ schreibt Dr. Jörg Scheller in Pneumopathologie und Dividualität, 2015.
In diesen Bereichen haben wachsende Gemeinden – unabhängig von ihrer Kultur, Theologie und Größe – eine nachweisbar höhere Qualität, als stagnierende oder schrumpfende. Sie beschreiben also die Bereiche, in denen inhaltliches Arbeiten besonders wirkungsvoll ist: Bevollmächtigend Leiten, gabenorientierte Mitarbeit, leidenschaftliche Spiritualität, zweckmässige Strukturen, inspirierender Gottesdienst, ganzheitliche Kleingruppen, bedürfnisorientiert Evangelisieren, liebevolle Beziehungen.
Bevollmächtigend Leiten
Es ist kein Druckfehler, dass es nicht „vollmächtige Leitung“ sondern bevollmächtigende Leitung heißt. So klein der Unterschied der beiden Adjektive ist, so groß ist der Unterschied in der gelebten Praxis. „Vollmächtige Leitung“ – das bedeutet ganz oft: Es gibt einen Leiter mit einer großen Vision. Und dieser Leiter braucht nun Mitarbeiter als Helfer, damit seine Vision praktisch umgesetzt werden kann. Viele weltbekannte Unternehmen sind so entstanden und manche glauben, dass sich dieses Prinzip auch auf die Gemeinde übertragen lässt.
Gibt es einen Zusammenhang von dem, was er “transpersonale Energie Gottes” nennt, mit dem, was wir in der westlichen Kirche die “erhaltende Kraft” Gottes nennen?
Die Entscheidung des österreichischen Verfassungsgerichtshofes (VfGH), das Verbot der Beihilfe zum assistierten Freitodes aufzuheben, hat viele Christen, und nicht nur Katholiken, mit Befremden, teilweise sogar mit Entsetzen getroffen. Von einem Dammbruch zu sprechen ist unverantwortlich, wie ich zeigen werde. Wer schon vorher in aufgeklärte, vor allem auch akademische und intellektuelle Kreise hineingehört hat, konnte diese Entscheidung erwarten. Das Verbot der Beihilfe und die dem zugrunde liegende Ächtung des Freitodes berief sich nämlich auf historisch gewachsene kirchliche Vorstellungen vom Verhältnis von Gott zu seiner Schöpfung, die früheren Zeiten entstammten und so heute nicht mehr gelten. An ihre Stelle traten die Menschenrechte, die in der Europäischen Menschenrechtskonvention Teil unserer Verfassung geworden sind, und damit war der Fall des Verbotes absehbar. Viele Menschenrechte berufen sich nämlich ganz wesentlich auf das Recht der freien Selbstbestimmung jedes Menschen (Autonomie), insoweit dieses nicht aus dem Schutz der Menschenrechte anderer Menschen eingeschränkt werden muss.
Die Entscheidung des VfGH war eine Grundsatzentscheidung und bedarf noch einer Ergänzung der bestehenden Gesetze und einer Abstimmung mit diesen, bevor sie rechtswirksam wird.
Unter medizinisch assistiertem Freitod versteht man die Bereitstellung einer tödlich wirkenden Substanz durch einen Arzt, um einem sterbewilligen Menschen den Freitod zu ermöglichen. Ich behandle hier ausschließlich diese Form eines assistierten Freitodes und verwende deshalb das Wort medizinisch nicht mehr. Im Folgenden stelle ich nun einige Überlegungen zu einer sittlichen Selbstverpflichtung und damit zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein derartiger Freitod ethisch und christlich verantwortet werden könnte, an.
Jacqueline Straub will die erste Priesterin der katholischen Kirche werden. Mit ihrem modernen Glauben stösst sie auf Widerstand – auch beim Papst persönlich. Ein Porträt.
Als Ernst von Baer 1827 die weibliche Eizelle und das Eindringen der Samenzelle in letztere entdeckte, bedeutete dies nicht nur eine medizinische Revolution. Vielmehr geriet ein Menschenbild ins Wanken, das seit der Antike das Geschlechterverhältnis von Mann und Frau bestimmt hatte. Vom Mann als formgebendes Prinzip des Menschen, wie schon Aristoteles meinte, und über den „mas occasionatus“(Frau ist ein missglückter Mann und nur eine Art Brutkasten) des Thomas von Aquin spannt sich der Bogen bis zur Französischen Revolution, seit der der Prozess der Frauenemanzipation als Frucht der Aufklärung endgültig Fuß fasste und mit Baers Entdeckung auf volle Touren kam. Immerhin sind rechtliche Gleichstellung und Gleichbehandlung von Mann und Frau in vielen westlichen Ländern heute verfassungsrechtlich verbrieft. Den Hintergrund, warum das in der Kirche nicht so ist, möchte ich etwas erhellen. Ich vermeide, dieses brisante Thema sehr ausführlich zu behandeln, da es den Rahmen von „Christenwind“ weit überschreiten würde. Mein Ziel ist, die kulturellen, theologischen und rechtlichen Grundlagen für die unterschiedliche Behandlung von Frauen und Männern in der Kirche leicht lesbar und verständlich in Erinnerung zu rufen.
Frau in der Kirche
Die Frau hatte es von Anfang an schwer. War doch schon Paulus ambivalent hinsichtlich dessen, was Frauen sind bzw. dürfen und was nicht, und ohne die drei tritopaulinischen Pastoralbriefe (spätere pseudopaulinische Briefe, zwei an Timotheus und der an Titus) wäre das Neue Testament sehr viel frauenfreundlicher. Immerhin gibt es Kirchenlehrerinnen und Heilige und bis ins 19. Jahrhundert Äbtissinnen, die eine den Bischöfen vergleichbare Machtfülle hatten. Und seit einigen Jahrzehnten werden in zunehmendem Maße auch Frauen in leitende Positionen in der Kirche berufen, allerdings nur dann, wenn diese Positionen kirchenrechtlich nicht ausschließlich geweihten Klerikern vorbehalten sind. Und damit lege ich die Hand in die offene Wunde: Frauen sind nach dem Kirchenrecht vom Weihesakrament (für Diakon, Priester und Bischof) ausgeschlossen. Denn Leitungs- und Weihegewalt sind in der Kirche direkt miteinander verknüpft. In Zusammenschau mit dem Thema dieses Beitrages möchte ich die wesentlichen Argumente gegen bzw. für eine Frauenordination auflisten:
In der Kapelle im Limburger Bischofshaus konnten am Erntedank-Sonntag nur wenige Menschen mit Christof May die Messe feiern – doch seine online übertragene Predigt erreicht ein Vielfaches: Sein Plädoyer für eine Öffnung der Kirche wurde auf Facebook zum viralen Hit.
Kann nur ein männlicher Priester den Mann Jesus Christus in der Eucharistiefeier repräsentieren beziehungsweise „in persona Christi“ handeln?
Die Neutestamentlerin erinnert an die alte Tauftradition, die Paulus in Gal 3,27f. zitiert.
Wörtlich übersetzt, lautet dies:
„Die ihr nämlich auf Christus getauft wurdet, habt Christus angezogen. Da ist nicht Jude noch Grieche, da ist nicht Sklave noch Freier, da ist nicht männlich und weiblich. Ihr alle nämlich seid EINER in Christus Jesus.“
Die alte Tradition hält also fest, was die Taufe bei den Menschen, die sie empfangen, bewirkt: Sie haben Christus angezogen – gleichsam wie ein Gewand. Kleider machen bekanntlich Leute. In bildhafter Sprache wird damit ausgedrückt: Die Getauften sind zu Christus selbst geworden, sie haben unterschiedslos in der Taufe seine Identität, die Identität des Sohnes Gottes geschenkt bekommen. Dass dies tatsächlich so zu verstehen ist, bestätigt Paulus ausdrücklich, indem er die Tradition folgendermaßen einleitet: „Denn alle seid ihr durch den Glauben Söhne Gottes in Christus Jesus“ (Gal 3,26). Dieser neue Status als Sohn Gottes kennzeichnet die Getauften damit völlig unabhängig von ihrer religiösen Herkunft (Jude/Grieche), ihrem sozialen Stand (Sklave/Freier), aber gerade auch unabhängig von ihrem biologischen Geschlecht (männlich/weiblich). Als Mitglieder der Gemeinschaft derer, die ihr Heil untrennbar mit Christus verknüpft haben, d.h. als Mitglieder der Kirche (ekklesia) unterscheiden sie sich durch die Taufe also nicht mehr voneinander, sie sind vielmehr EINER, jeder und jede (!) Getaufte ist Sohn Gottes in Christus Jesus.
Alle werden in der Taufe zu „Geistlichen“
Eng mit dieser frühen Tauftheologie verbunden ist die Überzeugung, dass alle Christusgläubigen
in der Taufe den Geist empfangen haben, also zu „Geistlichen“ geworden
sind (vgl. z.B. Gal 4,6; 1Kor 12,13; Apg 2,17f/Joel 3,1f).